Raffles 1887
5 MINUTES WITH…
Chefkonditor Frédéric Housseau, Raffles Europejski Warsaw
Lourse Warszawa wurde 1873 vom Schweizer Konditor Laurent Lourse nach dem Vorbild Pariser Konditoreien gegründet. Es war in Warschau in aller Munde und wurde bald zu einem beliebten Treffpunkt der High Society und der intellektuellen Elite. Männer und Frauen aus Wissenschaft, Literatur, Kunst, Politik und Industrie – darunter Fryderyk Chopin, Maria Skłodowska-Curie, Henryk Sienkiewicz, Bolesław Prus, Ludwik Solski und Józef Piłsudski – kamen hierher, um köstlichen Kaffee und feine Desserts zu genießen. Heute befindet sich die Lourse Patisserie im Raffles Europejski Warsaw, dessen klassisches Dekor aus weißem Elfenbein und Messing eine schöne Erinnerung an vergangene Tage ist.
SIE SIND SEIT ZWEI JAHRZEHNTEN KONDITORMEISTER. WESHALB HABEN SIE SICH FÜR DIESES HANDWERK ENTSCHIEDEN?
Ich komme aus einer Kleinstadt am Rande der Bretagne namens Laval. Meine beiden Großmütter waren hervorragende Köchinnen, die nur die frischesten Zutaten verwendeten, die sie direkt von den Bauernhöfen in der Umgebung bezogen. Die Aromen und Geschmacksrichtungen waren für mich wirklich inspirierend und legten den Grundstein für meine zukünftigen Unternehmungen. Nachdem ich in Frankreich einige Erfahrungen als Konditor gesammelt hatte, wurde mir klar, dass ich die Welt erkunden und mich in einem größeren Kontext entwickeln musste.
Dies führte mich nach London, wo ich ohne Englischkenntnisse und mit geringen finanziellen Mitteln ankam. Nach mehreren Jahren in den Küchen von Gordon Ramsay im The Connaught und im Nobu London hatte ich die Möglichkeit, nach Dubai zu ziehen. Meine Karriere führte mich dann auf die Malediven und nach Katar, wo ich in 5-Sterne-Hotels arbeitete, bevor ich ins Raffles Europejski Warsaw kam. Ich fühle mich zutiefst geehrt, die Konditorei-Kreationen bei Lourse leiten zu dürfen.
WAS MACHT LOURSE SO BESONDERS?
Lourse hat einen legendären Ruf und ist bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt. Sie kommen alle, um unser exquisites Gebäck zu genießen. Mein Ziel ist es immer, nach Exzellenz zu streben. Mein erstes Jahr hier war sowohl faszinierend als auch herausfordernd. Ich habe die Speisekarte erheblich verändert, mit Ausnahme der typischen Desserts, die man unbedingt probieren muss, wie den Honigkuchen (Miodownik) und den Lourse-Kuchen (Autorskie Ciastko) mit Walnüssen, Pflaumen und Schokolade.
HABEN SICH DIE GESCHMÄCKER IN DER KONDITOREI IM LAUFE DER JAHRZEHNTE VERÄNDERT?
Meine internationalen Erfahrungen und die Erfahrung mit verschiedenen Gebäckstilen und -kreationen haben mich zu der Überzeugung gebracht, dass klassische Techniken auf diesem Gebiet immer als Referenz dienen werden. Allerdings hat der Erfolg der Sozialen Medien die Konditorei zu neuen Höhen geführt, diese Kunstform demokratisiert und Fachleute dazu gezwungen, ständig innovativ zu sein und Neues zu schaffen. Von Anfang an habe ich bei meiner Arbeit besonders darauf geachtet, wie viel Zucker ich verwende. Es ist wichtig, den Zuckergehalt zu minimieren und Desserts anzubieten, die sowohl süß als auch gesund sind. Gleichzeitig versuche ich immer, echten, natürlichen Aromen den Vorzug zu geben.
WEIHNACHTEN IST EINE BESONDERE ZEIT IN WARSCHAU. WIE FEIERN SIE DIESE ZEIT BEI LOURSE?
Anfang Dezember schmücken wir das Lourse mit roségoldenen Kugeln und Fichtenzweigen und sorgen für einen festlichen Duft. Ich bin besonders stolz auf den Winter Dome, der eine Mischung aus Pflaumenpaste, Ingwer-Orangen-Creme sowie Pain d’épices enthält, die alle edel mit hochwertiger Schokolade glasiert sind. Dieses Dessert spricht mich an, da es einige beliebte polnische Geschmacksrichtungen harmonisch mit traditionellen französischen Weihnachtsdessert-Elementen verbindet. Zur Feier der Weihnachtszeit und in Anerkennung der polnischen Liebe zu Eiscreme freue ich mich, zwei neue Geschmacksrichtungen vorzustellen zu dürfen: Zuckerrohr und Glühwein.
CHOPIN WAR EINST EINER DER BEGEISTERTEN KUNDEN DES LOURSE. WENN ER HEUTE HIER WÄRE, WAS SOLLTE ER VERSUCHEN?
Abgesehen davon, dass wir denselben Vornamen haben, fühle ich mich Chopin in vielerlei Hinsicht verbunden. Sein Lieblingsrestaurant, Au Rocher de Cancale, gibt es immer noch in Paris, und wir teilen beide eine Vorliebe für Lebkuchen. Angesichts Chopins Wertschätzung für Delikatessen und seines feinen Gaumens hätte ich mich gefreut, wenn er meine neueste Kreation „Rocher“ probiert hätte, die aus Orangenkompott besteht, das zwischen Lebkuchen geschichtet und von einer Ganache mit 70 % Kakaoanteil umhüllt ist.
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